
Dr. Bürklin-Wolf
Pfälzer Riesling-Himmel auf Erden
Mein Besuch bei Dr. Bürklin-Wolf im Mai steht unter keinem guten Vorzeichen. Es regnet, es ist eiskalt und nach fünf bereits besuchten Weingütern in 30 Stunden bin ich auch nicht mehr wirklich in Topform. Die Zähne schmerzen, der Kopf auch und die Pfälzer Rieslingsäure frisst sich ihren Weg durch den Magen. Aber wie heißt es so schön? Was muss, das muss! Also Lippenstift nachziehen, Pantoprazol einwerfen und Elmex Gelee auf die Zähne, zusammenreisen und ab zur nächsten Führung und Verkostung.

Frauenpower seit über 400 Jahren
Tom, der den Vertrieb bei Dr. Bürklin-Wolf leitet und uns durch den Keller führt, hat keine 30 Sekunden gebraucht um alle Wehwehchen vergessen zu machen. Sofort zieht er uns in den Bann der Magischen Bürklin-Welt. Wir folgen ihm fasziniert und begeistert durch den großen und alten Weinkeller des Gutes. Während wir an unzähligen Stückfässern vorbeispazieren, erzählt uns Tom von der Geschichte des Betriebs.
Seit über 400 Jahren ist der Betrieb Inhabergeführt und wurde fast immer an die Frauen der Familie weitergegeben. 1990 übernahm Bettina Bürklin von Guradeze den Betrieb. Damals hatte das Weingut über 200 Positionen im Sortiment und ziemlich jede Rebsorte angebaut, die in Deutschland wuchs. Bettina fehlte die Linie, eine Struktur. Ihr fehlte die Persönlichkeit ihrer Weine. Also begann sie aufzuräumen.
Heute wächst zu 90% Riesling auf über 80ha und das Weingut ist seit 2008 biodynamisch zertifiziert. Damit gehört Dr. Bürklin-Wolf zu den größten Biodynamischen Betrieben in Deutschland und bei dieser Größe ist das komplette Team, dass aus über 50 festangestellten Mitarbeitern besteht, schon mal 1.5 Tage im Weinberg unterwegs, wenn es um den Pflanzenschutz geht.

„Fertiger Mist riecht nicht mehr nach Scheiße“
Auf dieses Thema geht Tom am Ende der Kellertour ein. Denn ganz am Ende des Kellers, weit weg von Stahltanks und kurz hinter dem umfangreichen Raritätenkeller des Weinguts erwartet uns eine große Holzkiste. Ein wenig erinnert sie an Draculas Sarg, doch als Tom den Deckel der Kiste öffnet und beginnt, über Präparate und Tees zu reden, gerät der Vampir schnell in Vergessenheit.
Wir lauschen gespannt, riechen an energetisiertem Kuhmist (Gar nicht eklig, riecht nach frischer Erde!!!) und tauchen ein in die Welt der Biodynamie.
Dass das alles Sinn macht und sich lohnt schmecken und begreifen wir aber erst wirklich während der umfangreichen Verkostung, die Tom organisiert hat. Wir kuscheln uns in der gemütlichen Vinothek in Decken (Es ist Mai und EISKALT!!) und vergleichen Riesling mit Riesling, Fassproben mit gereiften Jahrgängen und Village mit Grand Cru Weinen.
Denn auch das ist eine weitere Änderung, die Bettina Bürklin-Wolf einführte. Sie orientierte sich bei der Einstufung ihrer Weine am Burgundischen Qualitätssystem und legte damit auch den Grundstein für den VDP, der seine Qualitätspyramide am Bürklin’schen System anlehnte. Das Weingut distanziert sich somit klar vom Deutschen Weingesetzt, in dem die Qualität eines Weines ausschließlich an der Zuckerkonzentration der Trauben gemessen wird.

„Unser größter Schatz ist unser Boden.“
„Die Rebsorte Riesling hilft uns wie keine zweite, das Wesen des Terroirs im Wein widerzuspiegeln. Ein Werkzeug, um diese spezifischen Eigenschaften im Wein abzubilden, ist die biodynamische Bewirtschaftung unserer Weinberge.“ Dieser Satz steht auf der Preisliste, die während der Verkostung vor uns liegt. Und dieser Satz und sagt eigentlich alles aus. Tom ergänzt ihn noch: „Der Wert unseres Weinguts wird nicht durch unser Flaschenlager oder die Weine definiert. Unser größter Schatz ist der Boden, auf dem die Rebstöcke wachsen.“
So wundert es nicht, dass gereifte Weine mit einer faszinierenden Frische vor uns stehen und sich die verschiedenen Lagen im Glas komplett unterschiedlich präsentieren. Ausschlaggebend sei dabei lediglich der Boden, auf dem die Weine wachsen, denn im Keller wird in die Vinifizierung kaum eingegriffen, verrät uns Tom. Es geht um den reinen und puren Geschmack des Rieslings. Amphoren, Betoneier, Orangeweine und co passen für Bürklin-Wolf daher nicht zum biodynamischen Arbeiten.
Die Weine von Bürklin-Wolf stehen für klassische, langlebige und geradlinige Weine, die geschmacklich eindeutig Herkunft und Lage verraten. Sie widersprechen damit eindeutig dem Klischee, das viele Weingenießer von „Bio-Wein“ haben.
Lust auf Riesling bekommen? Hier findet ihr meine Empfehlungen.
Die Rieslinge reifen über Jahre,
bevor sie gefüllt werdenDas berühmte Kuhhorn
Das Weingut habe ich besucht im Mai 2021.

