Philipp Kuhn

Es stürmt schon mächtig, als wir in aller Herrgottsfrühe durch den Kirschgarten spazieren und als uns Felix vom Weingut Philipp Kuhn durch die Weinberge führt. Mein Tipp für alle Pfalz-Reisenden an dieser Stelle: Wanderschuhe und Wintermantel nicht vergessen! Im Mai leidet die Pfalz wohl immer noch unter Spätfrost.
Na gut, das ist jetzt etwas übertrieben, aber kalt und ungemütlich ist es trotzdem.

Da summen die Bienchen

Unsere Tour durch die Weinberge ist dann auch etwas kürzer als geplant. Und „Weinberge“ ist hier eh der falsche Begriff. Wir laufen vielmehr durch weite Felder und Ebenen. Optimal für eine schnell Maschinenlese sollte man meinen. Nicht so beim Weingut Philipp Kuhn, denn Handlese ist obligatorisch, auch bei den einfachen Qualitäten. Trotz der eher schnellen Tour durch die Rebzeilen haben wir Zeit einen Eindruck in den Pfälzer Weinbau zu erhalten. Kaum vielfältiger könnte sich die Arbeit im Weinberg auf dieser kurzen Tour darstellen. Vitale Bio-Weinberge auf der einen Seite des Weges, tote Herbizid-Wüsten auf der anderen. Da muss man nicht lange überlegen, welchen Wein man lieber trinken möchte.


Zum Weingut Kuhn gehört zum Glück das lebendig wuselnde Grün. Es blüht zwischen den Kuhn’schen Rebzeilen, der Boden ist locker, die Rebstöcke stehen putzmunter da und stemmen sich gegen die Windböen.
Auch Felix macht uns auf das Herbizid-Problem aufmerksam. „Seht ihr das? Diese braunen und verbrannten Streifen unter den Reben? Alles Herbizid. Da lebt nichts mehr. Gesund ist das sicher nicht.“ Das Weingut Phillip Kuhn will sich klar distanzieren von chemischen Kampfkeulen und setzt deshalb auf ihr bisheriges Fair’n’green Logo noch eine weiter Bio-Zertifizierung drauf, die seit Januar 2021 läuft.

Tetris auf dem Barrique-Dachboden

Endlich sind wir im Weinkeller angekommen und Felix erzählt uns von der Geschichte des Weinguts, während wir vom Kelterhaus die Treppe hoch zum klimatisierten „Barrique-Dachboden“ laufen. „Wir bauen gerade. Platz haben wir keinen mehr.“ Bis unters Dach liegen die Barriquefässer und Tetris spielen steht hier auf der Tagesordnung, um von einem Fass zum anderen zu gelangen. Das Weingut ist schnell gewachsen, die Nachfrage steigt stetig, der ursprüngliche Keller ist schon lange voll.

         
Der Anfang des heute knapp 40 ha großen Betriebs liegt im 17. Jahrhundert. Damals, ganz typisch für die Pfalz, arbeitete die Familie in einem Mischbetrieb mit Ackerbau und Viehhaltung, Wein war reines Nebenprodukt. Erst durch Philipps Vater kommt der Wein in den Fokus der Produktion und Philipp baut das Weingut zielstrebig zu dem auf, was es heute ist.
Seinen ersten Weinberg bekam Philipp von seinem Vater bereits mit 16 Jahren. Schon damals schlug sein Herz für Rotwein, im Besonderen für Spätburgunder, der zu diesem Zeitpunkt noch recht untypisch in der Pfalz war. Das Hauptaugenmerk der Weingüter lag beim Dornfelder, einer unkomplizierten Rebsorte mit maximalem Ertrag, doch darauf hatte Philipp keine Lust. Er wollte weg von Dornfeldergeqantsche und hörte auf seinen Bauch. Also wurden die ersten Burgunder-Rebstöcke gepflanzt und bis heute zeigt sich, dass Philipp seinem Bauch vertrauen kann. Spätburgunder ist mittlerweile die wichtigste Rebsorte des Weinguts und legte den Grundstein für das Rebsorten-Portfolio des Weinguts, das ergänzt wird durch Exoten wir Sangiovese und Viognier.             
  

Sangiovese und Viognier? Typisch Pfalz!

„Die Pfalz gilt als die Toskana Deutschlands. Da war es naheliegend, dass wir uns für Sangiovese interessieren. Er schmeckt mir einfach und ich baue an, was mir schmeckt.“ Erzählt uns Philipp, der plötzlich aus dem Keller in der Vinothek zu uns stößt und sich mit uns durch seine Weine verkostet.
Die Verkostung, die nun folgt, ist alles andere als „Standard“. Nur zwei Rieslinge werden geöffnet. Dann geht es vom Weiburgunder zum Chardonnay und Viognier. Blanc de Noir vor Rosé, dann Sangiovese, Cabernet Franc und Blaufränkisch. Alles Rebsortenrein, alles nicht typisch für die Pfalz, alles ziemlich überzeugend!


„Wenn der Klimawandel so weiterläuft, dann bauen wir hier bald Tempranillo an.“ schmunzelt Philipp. Schon wieder hat er einen Weinberg gerodet und überlegt fleißig, was er dort pflanzen möchte. Ganz sicher ist er sich noch nicht. Nur eines weiß er: Klassisch wird es nicht werden.      

Das Weingut habe ich besucht im Mai 2021.

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